Erscheinungsjahr:
2011
Originaltitel:
Killing God (im Amerik. Dawn)
Verlag: dtv extra
Preis: 8,95€
Seiten: 270
Killing God bei Amazon
Dad lächelte.
Er hatte eine Bibel in der Hand.
Und seine Augen …
Gott, seine Augen.
Sie waren total beängstigend.
Was ist, wenn der Mensch, den du am meisten liebst auf der Welt, dir
eines Tages etwas Schreckliches antut? Wenn dir danach nichts mehr bleibt als
dein wundes, zerrüttetes Inneres, deine hilflose Mutter, die ihren Kummer im
Alkohol ertränkt, deine zwei Hunde und die Musik von deiner Lieblingsband? Und
wenn in deinen Augen niemand anderes an allem Schuld ist als Gott – an den du
nicht mal glaubst?
All das passiert Dawn Bundy …
Dawn könnte ein ganz gewöhnlicher
Teenager sein. Sie könnte. Dass sie
es nur auf ihre Art ist und nicht ganz in das Bild eines Teenagers passt, das
die Allgemeinheit erwartet, hat sie Gott zu verdanken. Zumindest ist es das,
was sie glauben will. Denn zu sagen, dass ihr eigener Vater sie vergewaltigt
hat, weil er von jetzt auf gleich regelrecht besessen von Gott und der Bibel
war, würde all das irgendwie wahr machen. Und das will Dawn eigentlich nicht.
Da ist es doch viel einfacher und
weniger schmerzlich, die Tage mit ihren beiden Dackeln Mary und Jesus und der
Musik ihrer Lieblingsband The Jesus and Mary Chain zu verbringen. Und damit, in
der Bibel nach Antworten zu suchen. Nach Antworten und einem Weg, Gott zu
töten. Während Dawns Mutter im Nebenzimmer ihren Kummer und Schmerz in Alkohol
ertränkt …
Ich kann wirklich nicht oft genug
erwähnen, wie sehr ich die Bücher von Kevin Brooks einfach liebe. Er schreibt
ohne jedwede Rücksicht, packt das Problem direkt beim Schopfe und deutete
drohend darauf, so dass niemand mehr wegschauen oder die Augen davor
verschließen kann.
Bei Killing God handelt es sich
nun schon um das sechste Buch, das ich von diesem Autor gelesen habe – und
wieder einmal hat er mich keinesfalls enttäuscht. Die Themen, die er in diesem
Buch zur Sprache gebracht hat – Gewalt in der Familie, Alkoholismus, sexuelle
Gewalt gegenüber Kindern, Vergewaltigung – sind so klar um rissen, dass es fast
schmerzt, das Buch zu lesen.
Man will Dawn einfach nur die
Hand geben und ihr sagen, dass alles gut wird, dass sie keine Angst mehr haben
muss. Doch selbst wenn das möglich wäre, würde das nichts ändern. Denn Dawn
befindet sich in einer Zwickmühle, die schlimmer nicht sein könnte. Denn
einerseits hasst sie ihren Vater dafür, was er ihr angetan hat. Auf der anderen
Seite liebt sie ihn aber auch für das, was er einmal war – ihr Vater, der vor
jener Nacht immer für sie da gewesen ist.
Ein Teufelskreis, den Dawn
vermutlich leider Gottes mit allzu vielen anderen in ihrer Lage teilt. Von
daher ist dieses Buch wieder einmal sehr mutig von Brooks. Dass er jedem
Kapitel des Buches den Titel eines Songs von The Jesus and Mary Chain gegeben
hat, macht das Buch überdies zu einem kleinen bittersüßen Kunstwerk, wobei die
Zitate aus besagten Songs geradezu perfekt zu den Kapiteln passen. Ein
großartiges Buch.
Dass der Titel jedoch in den
Vereinigten Staaten von Killing God in Dawn geändert werden musste, wirkt auf
mich fast wie ein Klebeband über einen Mund, der von Dingen spricht, die man
gerne todschweigen möchte. Um von der Religionsfreiheit gar nicht erst
anzufangen. Nennt mich eine Anti-Christin, wenn euch danach ist. Aber so etwas
ist nicht in Ordnung. Nicht einmal im prüden Amerika. Dennoch oder gerade
deshalb: