[REVIEW] Francesca Melandri: Über Meereshöhe

Berührend. Einzigartig. Gefühlvoll.

Titel: Über Meereshöhe
Autor/in: Francesca Melandri
Erscheinungsjahr: 2012
Originaltitel: Più alto del mare
Verlag: Blessing
Preis: 16,95€
Seiten: 253
- Rezensionsexemplar -

KLAPPENTEXT:
Luisa, eine Bäuerin aus der Toskana, ist auf dem Weg zu einem Hochsicherheitsgefängnis, das auf einer Insel liegt. Dort besucht sie ihren Mann, der sich im Jähzorn zu Gewalttaten hinreißen ließ, die man ihm niemals zugetraut hätte. Ihre fünf Kinder muss Luisa jetzt allein großziehen.
Der zweite Besucher auf dieser viel zu schönen, nach Salz und Feigen duftenden Insel ist Paolo, ein frühzeitig pensionierter Lehrer. Längst hat er den Versuch aufgegeben, jemals zu begreifen, wie sein Sohn, der hier inhaftiert ist, zu einem Terroristen werden konnte. Paolos Leben scheint, mehr noch als das von Luisa, nur noch ein dunkler Tunnel zu sein. Doch in einem unerwarteten Moment dringt Licht ins Dunkel ...

ZUSAMMENFASSUNG:
Noch nie zuvor hat Luisa - Bäuerin und Mutter von fünf Kindern - das Meer gesehen. Dass sie es erstmals zu Gesicht bekäme, weil sie ihren Mann in einem Hochsicherheitsgefängnis auf einer Insel vor der italienischen Küste besuchen würde, hätte sie sich damals, als sie ihn, verliebt und hingerissen von ihm, heiratete, nie träumen lassen. Doch so ist es nun einmal. Als er damals, im Alkoholrausch den Mann totschlug, war das der Weg, der von nun an vor ihr lag - immer und immer wieder Besuche bei ihm im Gefängnis. Da ist der Anblick des Meeres nur ein kleiner Trost, wenngleich sie doch auch erleichtert ist, zu wissen, dass er das Gefängnis nie mehr verlassen wird.

Für Paolo ist es nicht das erste Mal, dass er seinen Sohn in jenem Gefängnis auf der Insel besucht. Leider. Denn ganz gleich, wie viel Zeit auch verstreicht, schafft er es doch noch immer nicht, recht zu begreifen, wie das alles passieren konnte. Wie sein Sohn, sein einziges Kind, der Junge, mit dem er so viel Zeit verbrachte, Menschenleben nehmen und jenem kleinen Mädchen, dessen Foto damals beim Prozess durch die Presse ging, den Vater entreißen konnte. Er wird es nie verstehen. Doch genauso wenig kann er einfach damit aufhören, seinen Sohn zu lieben. Aber dieser eine Besuch bei ihm ist anders. Dieses Mal ist Luisa dabei und ein Sturm zeiht auf und hält die beiden auf der Insel fest, wo sie die Nacht bei einem der Wärter verbringen müssen ...

FAZIT:
Es ist eine ganz besondere Reise, auf die Francesca Melandri ihre Leser in Über Meereshöhe mitnimmt. Eine Reise, die sowohl das Leben von Luisa, als auch das von Paolo für immer verändern wird. Denn die beiden stellen auf eine unglaublich berührende Weise dar, dass nicht nur die Opfer von Paolos Sohn oder Luisas Mann jemanden verloren haben. Dass es nicht das Schlimmste ist, wenn man einen geliebten Menschen an den Tod verliert. Besagten Menschen an Fanatismus oder unbezähmbare Aggression zu verlieren, kann so viel schlimmer sein als das. Weil der Mensch, den man liebt, dann noch lebt und doch nicht der ist, in den man sich einmal als junges Mädchen oder als frisch gebackener Vater verliebt hat.

Melandris Charaktere - Luisa, Paolo und sogar der Vollzugsbeamte Nitti Pierfrancesco - tragen die Geschichte und sind noch dazu auf eine Weise natürlich und einfach echt, dass man sie auf Anhieb verstehen und nachvollziehen kann. So entwickelt sich ein ganz und gar rundes Gesamtbild, das zu lesen einem ein leises Lächeln auf die Lippen zaubert, ganz gleich, was auch kommt. Ganz einfach, weil man Paolo und Luisa, so verschieden sie auch sein mögen, lieb gewinnt. Und auch Nitti, der zwar seine Fehler hat, jedoch im Grunde ein tiefguter Mensch ist. Der einzige Fehler findet sich in meinen Augen nur in dem, was sich auf der Rückfahrt von der Insel mehr oder weniger ereignet. Für mich passte das einfach nicht ins Bild dieser wunderbaren, so ganz und gar neuen Freundschaft. Sonst jedoch ein wirklich wunderbares Buch, das ich sehr gerne gelesen habe.


Für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars bedanke ich mich ganz herzlich bei





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